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Zwei Politiker mit unterschiedlichen Aufgaben – und gleichen Zielen

Bürgermeister A. Stahl, Moderator M. Holz und Ministerpräsident B. Ramelow auf der Bühne (v.l.n.r.)

Am 8. April konnte die Bernauer LINKE einen der bekanntesten Politiker ihrer Partei begrüßen: Bodo Ramelow – Ministerpräsident des Landes Thüringen seit 2014 und seit 1. November 2021 Präsident des Bundesrates. Er weilte auf Einladung unseres Bürgermeisters André Stahl, der erneut in der bevorstehenden Wahl für das Amt kandidiert, in der Hussitenstadt.
Nach einem gemeinsamen Stadtspaziergang trafen sich beide Protagonisten zu einer öffentlichen Podiumsdiskussion im Ofenhaus, das geschätzt mit 70 bis 80 interessierten Bürger*innen gut besetzt war.
Zu Beginn umriss der Gast seine politische Laufbahn, die in der Gewerkschaftsbewegung begann. In den 80-er Jahren war er in Mittelhessen Gewerkschaftssekretär, danach von 1990 bis 1999 Landesvorsitzender der Gewerkschaft HBV (heute ver.di) in Thüringen. 1999 wurde er Mitglied der PDS, in der er eine konsequente Kämpferin für die Interessen der einfachen Menschen sah. So setzte er sich für die Mehrung des kommunalen Eigentums, z.B. der Stromversorgung, ein.

André Stahl griff das Thema auf und berichtete über die Entwicklung Bernaus. In seiner bisherigen Amtszeit habe er dem sozialen Wohnungsbau besondere Bedeutung beigemessen. Seit seiner Amtsübernahme wurden rund 2.500 Wohnungen gebaut, um die Wohnungsnot abzumildern. Dabei halfen auch Investoren. Rund 4.000 Wohnungen befinden sich nun in kommunaler Verantwortung, 2.000 weitere Wohnungen gehören zu Genossenschaften. Zugleich werde auch der Entwicklung sozialer Einrichtungen wie Schulen, Kitas und Sportstätten gebührende Aufmerksamkeit geschenkt. Bezahlbares Wohnen und Bildungsgerechtigkeit stünden ganz oben auf der Agenda für die Stadt. Sein Leitmotiv sei für die nächsten Jahre, Bernau zu einer sozialen, mobilen und grünen Stadt zu entwickeln.

Bodo Ramelow brachte seinen noch immer anhaltenden Ärger darüber zum Ausdruck, dass viel Positives in der DDR im Zuge der deutschen Wiedervereinigung abgeschafft wurde. Das sei keine „Nostalgie“. So sei „Schwester Agnes“ ein Sinnbild für gesundheitliche Betreuung auf dem Land. Aber auch das System der Polikliniken hatte sich bewährt. Die Privatisierung des Gesundheitswesens komme einer Katastrophe nahe. Ebenso erweise sich die Tatsache, dass mit Wohnungen spekuliert wird, als gesellschaftlicher „Krebsschaden“.
Statt eines Zusammenwachsens beider deutscher Staaten wurden nach Ansicht von Ramelow westdeutsche Verhältnisse dem Osten „aufgesetzt“.

Der Saal des "Ofenhauses" war gut besucht.

Beide Politiker waren sich darin einig, dass nicht alle Pläne nach Wunsch umgesetzt werden könnten. Beide sind mit dem Umstand konfrontiert, dass es sowohl im thüringischen Landtag als auch in der Bernauer Stadtverordnetenversammlung keine Mehrheit der LINKEN gibt. So gelte es häufig, über Parteigrenzen hinweg den Dialog zu suchen und Problemlösungen zu finden, die mehrheitlich getragen werden und zugleich aus Sicht der LINKEN keinen „faulen“ Kompromiss auf Kosten der Bürger*innen darstellen.
André Stahl betonte in diesem Zusammenhang, stets die Notwendigkeit zu bedenken, dass nicht alle Bewohner*innen der Stadt bzw. des Landes „gut betucht“ sind.

Im Weiteren kam auch der Krieg in der Ukraine zur Sprache, den beide Politiker verurteilten. Durch den Zustrom von Flüchtlingen aus der Ukraine würden sich neue Probleme ergeben, mit denen beide im unterschiedlichen Maße konfrontiert sind. So beklagte André Stahl, dass Bernau bislang auf den Kosten der umfangreichen Hilfe für die Geflüchteten sitzen geblieben sei.

Und natürlich kam auch das Thema „Covid-Pandemie“ zur Sprache. Aus Sicht von Bodo Ramelow sei das Impfen eigentlich eine „Selbstverständlichkeit“, zumindest für ehemalige DDR-Bürger*innen. Für die Demos der Impfgegner, auch vor seinem Haus, habe er kein Verständnis. Ebenso wenig könne er den in gewisser Weise zu beobachtenden Schlingerkurs der Bundesregierung nachvollziehen. Die hohen Inzidenzzahlen überforderten nach wie vor die Gesundheitsämter. Verordnete Quarantäne werde oftmals viel zu spät veranlasst.

Nach gut 1 Stunde wurden die Protagonisten auf der Bühne mit viel Applaus verabschiedet. Auf dem Besuchsprogramm des Ministerpräsidenten stand noch die Besichtigung des Weltkulturerbes „Bau-haus“ in Bernau-Waldfrieden. Bodo Ramelow verbindet mit diesem Objekt nicht nur die Bauhaus-Stätten in Weimar. Als Gewerkschaftsfunktionär hatte er bereits der damaligen Gewerkschaftshochschule in Waldfrieden einen Besuch abgestattet.

Zum Verlauf der Podiumsdiskussion siehe auch das Video auf YouTube.

W. Kraffczyk